Fatma Aydemir
Dschinns

Ich teile mir mit zwei befreundeten Künstlern ein Atelier in Kreuzberg, in dem ich sehr gut schreiben kann - wenn die Umstände denn stimmen. Im Winter ist es dort zu kalt, im Hochsommer zu heiß, da es im Dachgeschoss eines schlecht gedämmten, alten Fabrikgebäudes liegt. Im Grunde kann ich mich dort nur bei Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad für mehrere Stunden am Stück aufhalten. In Berlin fällt damit ein Großteil des Jahres flach. Ich liebe diesen Ort trotzdem, weil die wenigen Wochen, in denen er bewohnbar ist, zu den produktivsten Zeiten meines Schreibens gehören.

Fatma Aydemir, geb. 1986 in Karlsruhe, lebt in Berlin und ist Redakteurin bei der taz. Für ihren Debütroman „Ellbogen“ erhielt sie u. a. den Klaus-Michael-Kühne-Preis. 2019 war sie Mitherausgeberin der Anthologie „Eure Heimat ist unser Albtraum“. „Dschinns“ ist ihr zweiter Roman und wurde mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet.
Nach dreißig Jahren Arbeit in Deutschland erfüllt Hüseyin sich endlich seinen Traum: eine Eigentumswohnung in Istanbul. Nur um am Tag des Einzugs an einem Herzinfarkt zu sterben. Zur Beerdigung reist ihm seine Familie aus Deutschland nach: Sechs grundverschiedene Menschen, die zufällig miteinander verwandt sind, mit eigenen Geheimnissen, Wünschen und Wunden im Gepäck. „Dschinns“ fragt nach dem Gebilde Familie, den Blick tief hinein in die vergangenen Jahrzehnte und zugleich weit voraus.

Fatma Aydemir
Dschinns | Roman | Hanser Verlag | München 2022 | 368 S. | 24,00 Euro
Jury-Stimme zu „Dschinns"

Mit „Dschinns“ hat Fatma Aydemir nicht nur einen eindrücklichen Familienroman, sondern auch eine unheimliche Geschichte vom Schweigen und Verschweigen geschrieben, die mit jeder neuen Perspektive tiefere Abgründe freizulegen scheint.
Emily Grunert, Literaturhaus Rostock