LiteraTour Nord 2013/2014

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Die 22. Lesereise um den Preis der LiteraTour Nord endete im Februar mit der Lesung von Thomas Glavinic. Neben ihm lasen Abbas Khider, Ralph Dutli, Clemens Meyer, Mirko Bonné und Marion Poschmann aus ihren aktuellen Werken.

Der Preis der LiteraTour Nord 2014 ging an Ralph Dutli. Die Laudatio hielt Martin Rector.

Ralph Dutli erhält den Preis der LiteraTour Nord 2014

Das Lied von den Farben

Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, daß Ralph Dutli, der uns längst als interessanter und vielseitiger Schriftsteller bekannt gewesen sei, eigentlich sogar als eine Art Alleskönner, nun einen ersten Roman vorlege - so Martin Rector in seiner Laudatio auf den Preisträger der LiteraTour Nord 2014.

Und er führte aus, was das bisherige Werk Dutlis an Kostbarkeiten und Besonderheiten umfasst: unter anderem das monumentale Werk der Mandelstam-Übersetzung, nie in solcher Lebendigkeit gekannte Neufassungen mittelalterlicher Texte, kulturgesschichtliche Essays - zum Beispiel >Das Lied vom Honig< über die Biene -, und vor allem Lyrik - eigene und übersetzte. Der Sog und die Farbigkeit von Dutlis Texten trügen zu seinem Roman hin, mündeten sozusagen in den Künstlerroman >Soutines letzte Fahrt<. Man könne sich Dutlis Bildern nicht entziehen und möchte ihm glauben, daß alles genau so gewesen sei, wie im Roman geschildert. Es sei, so endete Martin Rector seine schönen Ausführungen, ein Glücksfall der Literaturgeschichte, in dem ein Stoff lange warten musste, ehe er in Ralph Dutli seinen Autor fand - und damit nicht so sehr einen Romancier, sondern einen Poeten!

Der Preisträger bedankte sich mit einer kleinen Poetologie seiner Prosa und griff auch das Thema des späten Debuts wieder auf: Die Hirnforschung habe festgestellt, daß das Lesen von Romanen neue Synapsen schaffe, das Hirn sich also beim Lesen verjünge. Das Schreiben eines Romans habe ihn sogar geradezu magisch verjüngt und im Alter von 59 Jahren, nach mehr als 30 Büchern, zum Debutanten gemacht. Das spräche doch sehr für die Gattung!
Beide Vorträge waren so anregend, daß Friedrich von Lenthe, der als Vorstandsvorsitzender der VGH-Stiftung den Preis überreichte, spontan das eben Gehörte kommentierte und noch etliche Fragen zum Schreiben und zu Chaim Soutine an Ralph Dutli stellte.

Musikalische Interventionen kamen von John Eckhardt, der eigene Kompositionen vortrug. Die von ihm konzipierte >Xylobiontik< - also das vom Holz leben des Bass-Solisten! -  passte gut zu Ralph Dutlis Selbstauskunft, nicht Texte zu produzieren, sondern von Texten bewohnt zu werden.

Martin Rector verabschiedete sich nach über 20 Jahren Wirken für das Projekt mit der Laudatio für Ralph Dutli von der LiteraTour Nord und wurde vielfach herzlich bedankt, nicht zuletzt von Sabine Doering, die von ihm den Juryvorsitz übernimmt.

Beim anschliessenden Empfang zweifelte niemand mehr, daß man von Texten bewohnt werden und Holzklänge bewohnen kann – jedoch ein Glas Wein und ein Stück Brot das Ganze sehr angenehm ergänzen!

Ralph Dutli 2014 <i>© Olivier Dutli</i>
Preisübergabe durch Friedrich v. Lenthe <i>© R. Mnich</i>
Laudator Martin Rector <i>© R. Mnich</i>
Spontanes Podiumsgespräch mit Ralph Dutli <i>© R. Mnich</i>

Laudatio auf Ralph Dutli

Den Text von Martin Rector können Sie hier aufrufen.

Laudatio

Die Dankesrede von Ralph Dutli können sie hier aufrufen.

Dankesrede

Ralph Dutli, geboren 1954 in Schaffhausen (Schweiz), studierte Romanistik und Russistik in Zürich und Paris, wo er promovierte, lebt seit 1994 als freier Autor in Heidelberg. Er edierte und übersetzte u.a. Ossip Mandelstam, Marina Zwetajewa und Joseph Brodsky und veröffentlichte neben einer Anthologie zur absurden Poesie des Mittelalters und eigenen Gedichten kulturgeschichtlich-literarische Bücher über das Salz, die Olive und zuletzt „Das Lied vom Honig“ (2012).