LiteraTour Nord 2007/2008

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Es lasen Franzobel, Arno Geiger, Katja Lange-Müller, Monika Maron, Antje Rávic Strubel und Juli Zeh.

Katja Lange-Müller ist die Preisträgerin der 16. LiteraTour Nord.

Wenn gewinne, isse immer gut.

Wenn gewinne, isse immer gut. Diesen Ausspruch des FC Bayern-Stürmers Luca Toni, so meinte Laudator Denis Scheck, dürfe man sich als heimliches Motto jeder Literaturpreisverleihung in Deutschland vorstellen. Also auch am Abend des 24.04. in Hannover, an dem Katja Lange Müller den Preis der LiteraTour Nord 2008 für ihr bsheriges Werk, insbesondere aber für ihren Roman "Böse Schafe", entgegennahm.

Dieser Slogan gelte natürlich für die Autorin, so Scheck, aber daß sie die Auszeichnug erhalte, hinge wohl eher mit der in ihrem Werk praktizierten dialektischen Umkehrung von Luca Tonis Satz zusammen, der gewiß eben so wahren, wenngleich seltener formulierten Einsicht: Wenn verliere, isse immer Scheiße. Denn niemand wisse das besser als die Bewohner des Erzählkosmos von Katja Lange-Müller. Dabei spinne sie sozusagen Stroh zu Gold, mache Tod, Betrug und Drogensucht zu "reizvoll ambivalenter und mitunter sogar atemberaubend heiterer Literatur," sagte Scheck und ging ausführlich der Frage nach, wie ihr das gelänge.

Auch die Jury bediente sich, um Katja-Lange Müllers Kunst zu beschreiben, des Paradoxen. In der Begründung hieß es, Katja Lange-Müller erzähle in "Böse Schafe" mit raffinierter Schlichtheit und zärtlicher Schonungslosigkeit von einer unbeirrbaren Liebe. Mit dem Buch hätte sie zudem einen Berlin-Roman der Wende-Zeit geschaffen.

Katja Lange-Müller nahm die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung von Friedrich v. Lenthe, dem Vorsitzenden der VGH-Stiftung, entgegen. "Ich freue mich von Herzen über diesen Preis", dankte die Autorin. Sie sei mit "Böse Schafe" derzeit "unterwegs wie ein Wanderlachs" und habe deswegen den angekündigten unveröffentlichten Text nicht fertig. Stattdessen las sie drei Berlin-Geschichten, die die Zuhörer dafür mehr als entschädigten.

<i>© Jürgen Bauer</i>
Sichtliche Freude bei Stifter und Preisträgerin: Friedrich v. Lenthe überreicht Katja Lange-Müller die Urkunde. <i>© H. Krückeberg</i>
Eine Freude für 300 Zuhörer: Die pointierte Laudatio von Denis Scheck... <i>© H. Krückeberg</i>
...und Katja Lange-Müllers hintersinnige Berlin-Geschichten. <i>© H. Krückeberg</i>

Katja Lange-Müller, geboren 1951 in Berlin-Lichtenberg als Tochter einer hohen SED-Funktionärin, mit 17 Jahren von der Schule relegiert, Schriftsetzerlehre, Zeitungsredakteurin, Requisiteurin beim Fernsehen, Pflegerin in der Psychiatrie. 1976 Mitunterzeichnerin der Petition gegen die Biermann-Ausbürgerung, 1979-1982 Studium am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig, 1984 Übersiedlung nach Westberlin, freie Schriftstellerin. Verarbeitete in zahlreichen Erzählungen sowie in den Romanen „verfrühte Tierliebe“ (1995) und „Die letzten Aufzeichnungen aus Udo Posbichs Druckerei“ (2000) mit psychologischem Tiefblick und lakonischem Humor ihre DDR-Erfahrungen.